Einmal Wat Tung und zurück
Aufzeichnungen einer außergewöhnlichen Reise

1. Teil

Vorbereitung in Deutschland

Was bringt ein deutsches Ehepaar, beide ganz in Jobs in der Wirtschaft eingespannt, beide keine Ahnung vom oder besondere Neigung zum Buddhismus, dazu, sich für eine ganze Woche in ein buddhistisches Kloster in Thailand zu begeben und dort wie Mönch und Nonne zu leben?

Die Liebe zum ältesten Sohn Johannes, der seit nunmehr fast einem Jahr im Kloster Wat Tungsammakeedhamm, 2 Autostunden von Bangkok entfernt lebte, ist Grund genug für diese außergewöhnliche Reise.

Wir wollten sehen, wie er lebte und vor allem, ob er gesund war und sich wohl fühlte an diesem fernen Ort. Wir hatten zahlreiche Briefe ausgetauscht, hatten auch einige Male telefoniert, aber was ist das gegen Schauen mit eigenen Augen und Leben an dem Ort, wo Johannes lebt, wenn auch nur für eine Woche.

Ein paar Verhaltenshinweise für unseren Aufenthalt im Kloster und für unsere geplanten Ausflüge mit unserem Sohn in der Mönchskutte hatten wir vor unserer Abreise erhalten.

Er schrieb vom Zölibat, was auch wir einhalten müßten und von der weißen Kleidung, die von uns „ Laien" während des Aufenthaltes im Kloster getragen werden sollte.

Eine Frau ( also z.B. ich) darf einem Mönch ( also z.B. Johannes) nichts direkt in die Hand geben, sondern muß den Gegenstand auf ein Tablett, den Tisch oder ein Tuch stellen. Eine Frau geht in der Öffentlichkeit nicht neben einem Mönch, sondern dahinter, also nicht "ladies first", sondern "monks first". Frauen entbieten Mönchen ihren Gruß und nicht umgekehrt. Mönche grüßen nicht etwa zurück, sondern nehmen diese Ehrerbietung reaktionslos zur Kenntnis.

Eine Vielzahl von Fettnäpfchen, in die man unbedacht hineintreten konnte, tat sich auf, doch wir waren entschlossen, unser Bestes zu versuchen.

Wir hatten Johannes im Brief gefragt, was wir ihm denn nach Thailand mitbringen können. Typisch für ihn, hatte er einiges geschrieben, was die Mönche gebrauchen könnten,für ihn persöhnlich war nichts darunter. Das sollten wir mitbringen:

Nie zuvor hatte eine Urlaubsreise schon in der Vorbereitungszeit soviel Spannung gebracht.

Auch das Kofferpacken mußte diesmal strategischer angegangen werden. Wenn Bernd und ich sonst verreisten, habe ich je nach Reisedauer einen oder 2 Koffer mit allem Notwendigen für uns gepackt. Diese packte ich dann am Urlaubsort aus und bekam gewöhnlich Kritik, weil ich 1000 Sachen mitgenommen habe, aber die 1001-ste Sache nun gerade nicht dabei hatte.

Diesmal würde Bernd im Mönchsteil des Klosters wohnen, ich bei den Nonnen.

So wußte ich nicht, ob ich Bernd und Johannes in den ersten Tagen überhaupt außerhalb der Essenszeit viel sehen würde.

Also brauchte Bernd seine eigene Tasche mit Waschzeug und Handtüchern, Mückenschutz, Sonnenöl und einem züchtigen Schlafanzug.

Am Morgen des 3. Januar 2001 machten wir uns bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf den langen Weg zu Johannes.

3.1.2001 Wir fliegen

Abflug von Frankfurt mit Thai Airways International. Eine riesige Boeing neuester Bauart füllt sich fast bis auf den letzten Platz. Das Einsteigen ins Flugzeug bringt für uns die erste freundliche Begegnung mit Thailand. Die Stewardessen in wunderschönen langen, schmal geschnittenen Gewändern in Türkis und Lavendel begrüßen die Passagiere, die Hände wie zum Gebet gefaltet vor dem Gesicht, die Fingerspitzen in Höhe der schönen Mandelaugen. Dieser Gruß wird „ Wai" genannt, lernen wir später. Was sie sagen, ist beim ersten Hinhören noch fremd, wird dann schnell vertraut: Sawaddee ka, wenn es eine Frau sagt und Sawaddee kap, wenn ein Mann den Gruß erbietet.

Die Sitzabstände bei der Thai Airways sind erfreulich geräumig auch in der Touristenklasse. Die 10 Flugstunden vergehen buchstäblich wie im Fluge. Schlafen können wir zwar nicht richtig, dazu sind wir zu aufgeregt, was uns in der kommenden Woche alles erwartet.

4.1.2000. Gelandet und gleich durchgestartet

Ankunft nach 10 Stunden Flug in Bangkok International Airport

Wir sind gespannt, ob es mit der geplanten Abholung funktionieren wird. Nachdem wir Baht getauscht haben, sehen wir unser 5-köpfiges Empfangskomitee, bestehend aus Johannes, Brigitte sowie Leif mit seinen Eltern.

Leif kennen wir von einem Foto, was Johannes uns mal schickte und was ihn mit einer der Tempelkatzen zeigt.

So klein und dünn hatten wir ihn uns allerdings nicht vorgestellt. Brigitte hatten wir auf dem Gruppenfoto gesehen, was im März 2000 ziemlich bald nach der Ankunft der Gruppe aus Jena gemacht wurde. Sie steht da, mit einem Lächeln auf den Lippen, in Badelatschen und in das weiße Nonnengewand gehüllt.

Dann sehen wir Johannes. Er sieht längst nicht so mager aus wie Leif, obwohl er, wie wir wissen, sich ausschließlich von Rohkost ernährt. Nicht einmal gegartes Gemüse nimmt er zu sich. Diese Ernährungsgewohnheit stellt manchmal Brigitte vor schwierige Aufgaben, denn es muß praktisch Gemüse für Johannes abgezweigt werden, bevor die Nonnen es für die Verpflegungstafel zubereiten. Inzwischen haben einige Nonnen, die Johannes besonders gern haben, es sich zur Gewohnheit gemacht, ihm seine Almosenschale früh ganz zeitig mit leckerem Obst und Gemüse zu füllen.

Fast ein Jahr haben wir uns nicht gesehen und ich muß mich sehr zurückhalten, um meinen Sohn nicht spontan zu umarmen. Das wäre allerdings gerade hier in der breiten Öffentlichkeit besonders kritikwürdig und so unterlasse ich es schweren Herzens.

Wir verlassen den Flughafen in einem eigens für diesen Tag mit Fahrer gemieteten klimatisierten Kleinbus.

Es ist noch angenehm, draußen umherzulaufen, die Temperaturen jetzt gegen 9 Uhr früh sind so wie an einem schönen Sommermittag bei uns.

Wir fahren zum Sommerpalast der Ayutthaya Könige, ein Park, der ein wenig an den Wörlitzer Park erinnert, mit Springbrunnen, Seen, schön gestalteteten Günanlagen und einer Vielzahl von kleinen Schlößchen ganz unterschiedlicher Baustile. Ein rot-gelber leuchtturmähnlicher Palast ist dabei, der geradewegs aus Ostfriesland zu kommen scheint.

Wir besichtigen einen prunkvollen chinesischen Tempel. Vor dem Eingang zieht gerade eine Mädchenschulklasse die Schuhe aus. Da die Kinder Schuluniformen tragen und auch die Schuhe ganz identisch aussehen, erscheint es mir schwierig, wie die Mädels nach Verlassen des Tempels ihre Schuhe herausfinden. Viele der Schülerinnen haben Fotoapparate bei sich und sie photographieren sich gegenseitig. Dabei nehmen sie eine anmutige Haltung ein, eine Hand vom Körper weg mit ausgestrecktem Arm, so als würden sie eine Schale tragen.

In einem der kleinen Seen, die die Paläste umgeben, ist einmal eine Königin mit ihrer Barke gekentert und ertrank. Sie hätte gerettet werden können, aber keiner der Bootsleute durfte die Königin anfassen, das hätte die Todesstrafe bedeutet.

Die Regel hat nichts mit Buddhismus zu tun, sie war ganz einfach eine außerordentlich dumme Anweisung des Königs, wie sich zeigte. Ob diese Regel nach dem Tode der Königin geändert wurde, wissen wir nicht.

Bevor wir eine erste Stippvisite bei den zahlreichen Ruinen der alten Königsstadt Ayutthaya machen, steuern wir ein kleines thailändisches Straßenrestaurant an, um zu Mittag zu essen. Niemals wäre es uns ohne Brigittes Begleitung und Kenntnisse eingefallen, an diesem unscheinbaren Restaurant zu halten, aber es erweist sich als sehr gute Wahl. Es gibt Salat, den Brigitte Papayasalat nennt, in dem wir aber vergeblich nach der orangen Papayafrucht suchen. Brigitte erklärt, daß dieser Salat aus den noch unreifen grünen Papayas gemacht wird. Etwas Tomate ist dabei und Erdnüsse, eine sehr leckere Sache. Brigitte hat für uns Europäer die Version "mai pät" bestellt, was wenig scharf bedeutet. Die Vokabel kann man getrost bei jeder Essensbestellung in Thailand dazusagen; sie schadet auf keinen Fall. Wir kosten interessehalber auch die "normal" gewürzte Version des Salats und fühlen fast die Flammen aus dem Mund schlagen.

Weitere Speisen, die wir an diesem Tag sehen und nach den Salaterfahrungen vorsichtig kosten, sind eine säuerliche Fischsuppe und kleine gegrillte Schweinefleischstückchen, zu denen wieder verschiedene Soßen gebracht werden. Ganz zum Schluß kommen Früchte auf den Tisch, die unser netter Fahrer irgendwo hergezaubert hatte. Sie heißen Mangostini. Wenn man sie aufschneidet, kann man eine unglaublich leckere weißliche Frucht herauszulösen, die cremig und fruchtig zugleich schmeckt. überhaupt erfahren wir nach einigen Tagen in Thailand, in denen wir täglich neue Früchte kennenlernen und kosten: Die alte Regel des Fernreisenden "Cook it, peel it or forget it!" läßt sich hier leicht beherzigen, denn fast alle leckeren Früchte sind erst aus einer Schale oder Hülle zu lösen. Gut gestärkt machen wir uns auf den Weg zu den Ruinen. Es soll heute nur ein kurzer Ausflug dorthin sein, denn wir wollen vor Anbruch der Dunkelheit im Kloster sein, um unsere Hütten zu beziehen.

Am Weg sehen wir Elefanten, auf den man reiten kann, was wir aber alle nicht wollen. Wir machen trotzdem Halt und fttern die Dickhäuter, was besonderen Spaß bei einem ganz kleinen Elefanten macht, der seine Bananen noch geschält will.

Dann sind wir an der ersten Tempelruine Wat Ratchaburana angelangt. Vor dem Tempel starten Johannes und Leif ein Umzugszeremoniell, was wir in dieser Woche noch oft sehen werden und was für Außenstehende recht putzig wirkt. Der Grund für die Verrenkung und andere Drapierung : Innerhalb von Tempeln dürfen Mönche die Arme frei lassen, was ihnen außerhalb der Klostermauern verboten ist.

Ayutthaya muß eine prächtige Stadt gewesen sein, bis sie 1767 von den Burmesen total zerstört wurde. Wir erkunden und erklimmen heute nur eine der zahlreichen Ruinen, denn mittlerweile macht sich die Müdigkeit immer stärker bemerkbar. Der anschließende Besuch im Handicraft Art Centre, wo man typische thailändische Kunstgewerbesachen in ihrer Herstellung sehen und kaufen kann, interessiert uns schon nicht mehr so sehr. Die Tücher aus der berühmten Thai-Seide sind hübsch, aber die Auswahl nicht überzeugend. Die Holzelefanten sind lackiert und haben damit einen Großteil ihrer ursprünglichen Schönheit verloren. Wir kaufen kalt geschleuderten Honig für Johannes und nutzen die Zeit für ein erstes längeres Gespräch mit ihm an einem kühlen Platz.

Wir freuen uns nur noch auf eines, eine Stelle zum Schlafen, auch wenn wir schon wissen, daß es harte Nächte werden, die vor uns liegen. Johannes hatte uns erzählt, daß Mönche und Nonnen nicht auf weichen, hohen Betten schlafen dürfen. Er empfahl uns deshalb, Isomatten mitzubringen, was wir auch taten.

Auf der Fahrt nach Sam Chuk, der nächstgrößeren Stadt in der Nähe des Klosters, frage ich Johannes, weshalb wir weder auf dem Flughafen, im königlichen Sommerpalast oder beim Tempel Ratchaburana einen Einzigen der 300.000 in Thailand lebenden Mönche gesehen haben. Johannes Antwort: "Mönche fliegen normalerweise nicht, spazieren nicht in königlichen Sommerresidenzen oder in Tempelruinen, sondern sie sitzen in ihren eigenen Kutis in ihren eigenen Tempeln und meditieren fleißig."

Ankunft im Kloster Wat Tung. Wir fahren zunächst zum Nonnenteil, wo ich die mir zugewiesene Kuti Nr. 5 beziehen werde.

Bei der Ankunft lernen wir Maria kennen, die ich mir aus irgendeinem nicht erklärbaren Grund klein und rundlich vorgestellt hatte. Sie ist aber hochaufgeschossen und sehr schlank. Maria sieht blaß und krank aus. Wie wir später von Brigitte erfahren, leidet sie seit 2 Jahren unter Schmerzen, für die niemand die rechte Ursache finden kann. Maria ist eine von nur 6 deutschen Nonnen, die in buddhistischen Klöstern in Thailand leben. Sie ist schon fast 10 Jahre in Thailand. Vor vielen Jahren kamen sie und ihr Freund Zois ( kein Mensch weiß, wie der wirklich heißt ) als Rucksacktouristen, um hier im Kloster zu meditieren. Maria hat sich dann entschlossen, Nonne zu werden und ist im Kloster geblieben; Zois kommt nach wie vor regelmäßig hierher zurück, um einige Wochen im Kloster zu verbringen. Auch als wir im Wat sind, ist er gerade da und hat das kleine Schiff, ein prächtig verziertes Haus in Schiffsform, als zeitweilige Wohnstatt für sich bezogen. Ursprünglich hat Luang Poo, der Abt von Wat Tung einmal hier gewohnt. Mit zunehmendem Alter, er ist schon 85, fiel ihm das Treppensteigen schwer und so ist er in das große Schiff gezogen, wo er mit seinem Rollstuhl bequem heraus- und hineinfahren kann.

Zois ist „ halber Aussteiger". Die Hälfte des Jahres arbeitet er als Erzieher irgendwo in Deutschland; die zweite Hälfte des Jahres gehört dem Kloster und Thailand als Land, in dem es unendlich viel zu entdecken und zu sehen gibt. Brigitte sagt, Zois kennt Thailand besser als manch Einheimischer.

Wenn er nicht meditiert, sitzt er im Intenet-Cafe von Sam Chuk und surft im Internet. Brigitte hat er zum Geburtstag eine Internet- Adresse geschenkt, damit sie in Verbindung mit ihren in Österreich lebenden Kindern bleiben kann. Als ich das erste Mal hörte, daß Brigitte 2 Kinder hat, inzwischen 15 und 13 Jahre alt, war ich sehr überrascht. Wieso ist sie dann hier im Kloster und nicht bei ihren Kindern in Österreich ? Nach einer Woche täglichem Zusammensein mit Brigitte verstehe ich, warum sie an diesem Platz hier im fernen Thailand lebt, warum sie hier ihre Erfüllung als buddhistische Nonne ohne Besitz und ohne große viel Anerkennung findet. Ich weiß dann auch, daß ihre Kinder wohlbehütet beim Vater aufwachsen und der ihren Schritt akzeptiert. In unserer Klosterwoche sehen wir Brigitte fast rund um die Uhr rotieren. Sie kümmert sich um Luang Poo, den Abt des Tempels; sie versorgt die Kranken und Alten, hält medizinische Sprechstunden ab, spendet Trost bei Leichenfeiern, wünscht Glück bei Neugeborenen, macht Besorgungen für die Mönche, beschafft Visa und Briefmarken und ist bei Allem was sie tut, stets heiter und gelassen. Bei aller Belastung schafft sie es auch noch, in der Woche unseres Aufenthalts für uns dazusein, wann immer wir sie brauchen.

Kuti Nr. 5,meine Behausung für die nächste Woche. Vor der Hütte heißt es auch hier "Schuhe ausziehen". Drinnen ist es auch ohne Klimaanlage angenehm kühl. Links vom Eingang steht ein Bett. Das ist ungewöhnlich für Kloster-Verhältnisse; ich hatte nur ein Lager zu ebener Erde erwartet. Beim Anfühlen des Bettes merke ich aber, daß es ein ganz hartes Holzbett ist, was mich die nächsten Tage beherbergen wird.

Der komplett geflieste Raum ist ca. 3m breit und 8m lang. Die Fenster sind sehr gut mit Gaze gegen Moskitos geschützt. Eine Tür führt zu einem separaten kleinen Raum mit Waschgelegenheit und Toilette.

Schnell noch waschen, dann nur noch schlafen, denke ich. Aus dem Schlauch kommt lauwarmes Wasser. Aber wie geht das hier mit der Toilette? Zwei Trittflächen, um in der Hocke Platz zu nehmen, eine Schüssel und ein großes Schöpfbecken, um nachzuspülen. Als Rußlanderfahrene Dienstreisende kann mich das nicht schocken.

Schwierigkeiten macht allein das Einschlafen. Der Schlaf will auch nach 10 Stunden Flug und einem anschließenden ausgefüllten Tagesprogramm nicht gleich kommen, das Bett ist trotz zusätzlicher Isomatte immer noch knüppelhart.

5.1. Unser erster Tag im Wat Tung

Die tägliche Essenszeremonie findet vor dem Sala Gäo, dem Glassaal statt. Da gibt es eine überdachte geflieste Fläche mit langen Tischreihen zu beiden Seiten. Wenn man so gegen halb 9 dort hinkommt, sieht man Nonnen und Laien frisches Gemüse putzen oder Früchte schälen. Alles wird auf großen runden Platten angerichtet. Zu Beginn der Reihe stehen große Reisschüsseln, dann kommen ganz unterschiedlich gegarte Gemüse, dann die Hähnchen,-Fisch,-oder Schweinefleischcurrys. Wenn man kleine rote Punkte im Essen sieht, kann man sich getrost darauf verlassen, daß es sehr scharf ist. Aber selbst, wenn man sich etwas nimmt, was für deutsche Verhältnisse wie Bohnen aussieht, ist man nicht sicher, daß es nicht vielleicht grüne Chilischoten sind, auf die man beißt. Nicht alles ist natürlich scharf. Nach ein paar Tagen weiß man auch, daß es Weißkohl und eine Art von Spinat gibt und vieles mehr, was Vegetarier freut. Die lange Reihe mit Essen wird fortgesetzt mit kleinen Plastikbeuteln voller Kokosmilch und weichen, aromatischen Kokossückchen. Das ist eine Delikatesse, die so gar nichts mit der harten und trockenen Kokosnuß gemein hat, die man in deutschen Supermärkten findet. Obwohl das Essen eine ganze Zeit draußen steht und dann nur noch lauwarm ist, wenn man es verzehrt, kommen kaum Fliegen. Lediglich bei den Tellern mit den Süßigkeiten laben sich die Bienen.

Es ist fast reiner Zucker, was hier an Süßigkeiten angeboten wird. Die Thai-Mönche stehen drauf. Nicht umsonst haben einige Mönche im fortgeschrittenen Alter mit Diabetes zu kämpfen mangelnde Bewegung und ausgiebiges Naschen tragen viel dazu bei.

Viertel vor 9 finden sich langsam die ersten Mönche und Nonnen ein. Sie gehen nicht einfach ans Büffett und bedienen sich; alles ist klar geregelt. Zuerst muß alles Essen, alle Schüsseln, den Mönchen "angereicht" werden. Das geht so vor sich, daß ein männlicher Laie oder ein Novize die Schüsseln anhebt und sie in die Hand eines Mönches reicht. Auch Nonnen oder Laien-Frauen können Mönchen etwas "anreichen". In diesem Fall hält der Mönche ein Tuch dazwischen, auf das die Frau die Schüssel stellt. Klingt kompliziert, geht aber minutenschnell . Die Nonnen haben das Essen vorher gekocht und auf den Tellern hergerichtet. Nach dem Anreichen ist das Büffett dann gewissermaßen eröffnet.

Zuerst bedienen sich die Schweigemönche. Schweigemönche, wie der Name sagt, schweigen, um sich noch intensiver auf ihre Meditation konzentrieren zu können. Hier im Wat hat es, wie Brigitte sagen würde, zwei Schweigemönche: Finnbarr aus Irland und ein thailändischer Mönch mit Namen Tim. Bis vor kurzem gehörte auch Leif aus Syke bei Bremen dazu, der 1,5 Jahre schwieg und erst wieder sprach, als sich seine Eltern zum Besuch ankündigten. Seine Mutter hatte das zur Bedingung gemacht, denn sonst wäre sie nicht nach Thailand gekommen. Da sie gerne redet, wäre ein Urlaub mit einem Schweigemönch als Sohn sicher eine Folter gewesen.

Die Schweigemönche genießen höchste Achtung im Kloster. Bevor sie sich dem Büffett zuwenden, kommen Nonnen und Laien, um ihnen etwas Besonderes in ihre Schale zu tun, einen leckeren Joghurt oder ein Käsebrot für Finnbarr (Spezialität von Leifs Mutter).

Zurück zum Büffett. Finnbarr und der ältere Schweigemönch haben ihre Almosenschale gefüllt und begeben sich langsamen Schrittes zurück zu ihren Kutis. Die Almosengefäße der Mönche sind recht geräumig; man muß sie sich als großes Bowlegefäß aus Metall mit Deckel aus geflochtenem Textilmaterial vorstellen. Eine Art von Trageriemen hält die Hände frei. Nach den Schweigemönchen bedienen sich die anderen Mönche. Die Reihenfolge, wie sie in der Schlange stehen, ist durch den Zeitpunkt ihrer Ordination gegeben. Wenn Finnbarr aufhört zu schweigen, wird er hinter Leif in der Schlange stehen, da Leif 2 Minuten vor Finnbarr Mönch wurde.

Hinter den Mönchen kommen die weißgekleideten männlichen Laien und dann erst die Nonnen. Im Wat gibt es an die hundert Nonnen, aber nur 10 - 15 Nonnen sind heute bei der Essensausgabe zu finden. Den alten und kranken Nonnen bringt Brigitte das Essen in kleinen Kübelchen. Auch die Nonnen in der Keep Silent Area, wo sich auch meine Kuti Nr. 5 befindet, kommen nicht zur Essensausgabe, um sich nicht durch Schwatzen von der Meditation abzulenken. Eine ganze Reihe von Nonnen kocht in ihren eigenen Häusern und bringt etwas davon zum Büffett.

Wir stellen uns an; die Schuhe haben wir vor der Büffettreihe ausgezogen. In Thailand empfiehlt es sich, Schuhwerk zu tragen, aus dem man leicht raus-und wieder reinschlüpfen kann. Bei den vielen Tempeln (33.000 sollen es in Thailand sein) kommt man sonst aus dem Schuhebinden nicht mehr raus.

Wir bedienen uns am Büffett . Einige der leckersten Sachen, die ich noch in der Zubereitungsphase sah, sind nicht mehr im Angebot, wenn ich dran bin.

Wir laufen zur Hütte von Leifs Mutter, um dort gemeinsam mit unseren Kindern zu frühstücken. Der Begriff Hütte trifft hier nicht mehr zu, denn Frau K. hat ein ganzes Haus als Unterkunft erwischt. Es gibt eine komplett eingerichtete Küche mit Herd und Kühlschrank, ein separates Bad mit richtiger Wasserspülung und einen separaten Schlafraum. Nur keinen Neid aufkommen lassen, es gibt halt wie im richtigen Leben außerhalb der Klostermauern auch hier arme und reiche Nonnen; entsprechend unterschiedlich ist der Komfort.

Das Vordach des Hauses beherbergt einen großen niedrigen Tisch, auf dem, nicht an dem jetzt die Jungmönche und Leifs Eltern Platz nehmen. Bernd und ich sitzen an einem richtigen Tisch auf richtigen Stühlen. Eigentlich ist das nicht ganz korrekt, denn die Mönche müßten höher sitzen als wir Laien. Der Hunger ist stärker als weiterführende Debatten zur Sitzordnung und so können wir beginnen.

Johannes bedient sich aus seiner Almosenschale, die ein riesiges Fassungsvermögen zu haben scheint. Sie ist voller rohköstlicher Dinge. In Thailand nur Rohkost zu essen, bedeutet keinesfalls, sich einseitig zu ernähren.

Frische Kokosnuß bringt Fett, Bananen bringen Zucker, Grünzeug bringt Chlorophyll. Johannes bekommt diese Ernährung offensichtlich sehr gut. Er fühlt sich gut und kräftig, ist nach Brigittes Aussage noch nie krank gewesen. Selbst die Symptome seiner Bechterew-Krankheit treten hier nicht mehr auf. Als Novize muß er auch sein Essen nicht bis 12.00 Uhr komplett aufgegessen haben, sondern kann sich etwas für die nächsten Tage aufheben.

Der andere deutsche Mönch im Wat ist Leif. Er ist 25 Jahre alt und seit 2 Jahren zum Mönch ordiniert. Normalerweise muß er mit dem, was am Büffett angeboten wird, auskommen. Jetzt aber, wo seine Eltern da sind, nutzt er die Gelegenheit und ißt gern mal wieder europäisch. Seine Eltern haben so viel an Essen mitgebracht, daß sie am Abflughafen in Deutschland 39 kg Übergepäck hatten. Cornflakes, Käse, Butter, Wurst, Senf hatten sie dabei. Sie wußten offenbar nicht, daß man all das auch ganz bequem im großen Supermarkt in Suphanburi hätte kaufen können. Leif genießt die ungewohnten Speisen. Es ist ein ungewohnter Anblick, wenn ein buddhistischer Mönch Cornflakes und Nutella verzehrt. Emotionen wie Freude oder Dankbarkeit dafür, daß sich seine Eltern bis hierher für ihn abgeschleppt haben, kommen bei Leif nicht rüber.

Den Mönchen, die wir im Wat begegnen, ist stets ein gleichmütiger, manchmal sogar mürrischer Gesichtsausdruck eigen. Muß man so gucken auf dem Weg ins Nirvana?

Nach dem Frühstück haben wir die erste Audienz bei Luang Poo, dem Abt des Klosters. Johannes hatte viel von der Bewunderung und Ehrfurcht vor der Weisheit und Güte Luang Poos geschrieben. Wir hatten Fotos gesehen, nun würden wir ihn persönlich kennenlernen. Luang Poo lebt im sogenannten Schiff, ein langgestrecktes Gebäude mit spitzem Bug, nicht sehr prächtig, aber eindrucksvoll. Wir betreten zunächst einen Raum im Schiff, in dem Gläubige darauf warten, zum Abt vorgelassen zu werden,

Einige Buddhastatuen und Reliquien, um die sich alte Geschichten der Gläubigen ranken, stehen an den Wänden. In der Ecke stehen Dutzende Plastikeimer, die ebenfalls gespendet wurden und die mit allem gefüllt sind, was die Mönche so brauchen: Seife, Klopapier, Handtücher, Waschpulver. Diese Eimer haben wir später in allen größeren Supermärkten wiedergefunden, offensichtlich ein sehr beliebtes und praktisches Mönchsgeschenk.

Der Raum, in dem Luang Poo empfängt, hat normale Zimmergröße und faßt gleichzeitig 10-15 Leute. An einer Wand steht ein Bett mit hohen Pfosten und einer Art Baldachin. Luang Poo sitzt aufrecht; er wird, für nicht Eingeweihte nicht erkennbar, von einer breiten Schärpe, die von der Decke herabhängt, aufrechtgehalten. Luang Poo ist seit einem Schlaganfall vor 4 Jahren halbseitig gelähmt. Ohne die Sitzhilfe könnte er sich allein nur sehr schwer halten und die anstrengenden Audienzen nicht durchhalten. Das will er jedoch unbedingt und so ist er den ganzen Tag, bis auf eine kurze Essensunterbrechung für alle Leute zu sprechen. Hohe thailändische Politiker kommen zu ihm, so wie gestreßte Manager und ganze Familien, um sich Rat und Segen zu holen.

Man hatte uns gesagt, wie man sich einem buddhistischen Mönch nähert. Runter auf die Knie, Hände wie zum Gebet gefaltet in Augenbrauenhöhe, 3 x verneigen, beim Niedergehen die Hände auf den Boden flach auflegen. Dann während der gesamten Audienz entweder knien oder auf den Fersen sitzen und die Füße leicht abgewinkelt möglichst eng am Körper. Beide Sitzhaltungen machen uns schreibtischstuhlgewohnten Körpern gleichermaßen Mühe. Entweder drücken die Knie nach kurzer Zeit oder die Füße beginnen einzuschlafen.

Brigitte übersetzt, wer alles gekommen ist und was wir mitgebracht haben. Wir legen mit beiden Händen, das ist ganz wichtig, eine Bienenwachskerze und eine Packung Vitamin-Brausetabletten auf ein Stück Robe, was auf dem Bett liegt. Für die Geschenke bedankt er sich nicht, denn ein buddhistischer Mönch bedankt sich für gar nichts, ebenso wenig wie er etwas fordert. Die Geschenke werden von Luang Poo gesegnet und angenommen. Wir erhalten nun jeder von ihm einen Luang Poo Anstecker und eine Broschüre vom Kloster mit den Jahresaktivitäten für 2001, leider alles in thailändischer Sprache. Ein DINA4-Poster vom Abt gibt es auch noch. Luang Poo wünscht uns, daß wir uns im Kloster wohlfühlen und läßt über Brigitte weiter sagen, daß wir solange bleiben können, wie wir möchten. Damit ist die Audienz beendet.

Zurück in der Kuti bin ich überrascht, wie angenehm die Temperatur innen trotz glühender Mittagshitze draußen ist. Schatten spenden riesige Bananenstauden und andere tropische Pflanzen, die hinter der Hütte wachsen. Eine kleine Böschung hinter dem Zaun führt zu einem langgestreckten See hinunter. Seen, Teiche und Kanäle gibt es auf dem Klosterareal reichlich. Ich sitze ganz still auf einem Stuhl, den ich mir aus der Hütte geholt habe und halte mein Gesicht in die Sonne. Sonnenlicht soll gut sein, um die unangenehmen Jet-Lag-Wirkungen auf den Körper wie Einschlafstörungen bei Reisen nach Osten, zu mildern.

Ein Rascheln im Gebüsch läßt mich aufschauen. Ganz gemächlich schiebt sich ein ca. 2m langer Leguan aus dem Wasser, um sich auf dem Trockenen von der Sonne wärmen zu lassen. Er sieht schön aus, ein bißchen schwarz-gelb wie ein Salamander, nur viel, viel größer. Die lange Zunge schnellt vor und zurück. Der Fotoapparat liegt in der Hütte und bis ich ihn geholt habe, ist das scheue Tier wieder im Dickicht verschwunden. Macht nichts, er wird ganz sicher wiederkommen.

Nach einigen Stunden der Ruhe in der Hütte bin ich um 4 mit Johannes und Bernd verabredet, um das Tempelgelände zu erkunden. Allein darf ich mich nur im Nonnenviertel bewegen. Ebenso darf kein Mann, ob Mönch oder Laie, allein zu den Nonnen gehen. Generell wird diese Regel, die zu den wichtigsten Mönchsregeln gehört, natürlich hier im Wat eingehalten und gilt auch für Gäste. Johannes erzählte, daß er, noch in seinem Status als Laie ganz am Anfang seines Aufenthaltes im Kloster, einmal längere Zeit allein mit Irina spazierenging und dafür prompt am nächsten Tag gerügt wurde.

Johannes und Bernd holen mich ab und wir laufen hinüber zum Schiff. Hier ist auch ein kleiner Park mit blühenden Büschen und einer schönen Aussicht auf einen weiteren See. In den Anlagen kehrt eine ältere Frau Laub zusammen und verbrennt es. Für einen Moment frage ich mich, ob es denn nicht gefährlich ist, in dieser Sommerhitze Laub zu verbrennen, dann fällt mir ein: Es ist ja Thai-Winter, die kalte Jahreszeit, kälter wird es hier nicht. Die Frau trägt einen Strohhut und darunter so eine Art Strumpfmaske, aus der nur die Augen herausschauen. Dies dient als Schutz vor der Sonne, die Frau will nicht braun werden, denn möglichst helle Haut gilt in Thailand als Schönheitsideal.

Wir laufen zu Johannes Kuti. Es ist das erste Mal, daß ich den Platz sehe, der Johannes seit nunmehr fast einem Jahr als Unterkunft dient. Im Licht der langsam sinkenden Sonne steht sie vor einem ganz mit Algen bewachsenen Teich. Zur Linken wohnt Leif, zur Rechten ein thailändischer Mönch mit Namen Chachai, den ich vom Foto kenne, das Johannes bei der Kopfrasur zeigt. Hinter der Kuti, schon außerhalb des Tempels, sind in einiger Entfernung Reisfelder zu sehen. Diese werden gerade von Frauen mit großen Strohhüten abgeerntet .Das Klima in Thailand erlaubt es, 3x im Jahr von den Feldern Reis zu ernten.

Wir schauen uns die Hütte von Johannes genauer an. Sie besteht aus einem Schlaf-und Meditationsraum, der nichts weiter als ein unkomfortables Holzbett mit einem kleinen Regal am Kopfende enthält. Ein separater Raum enthält Toilette und einen großen Kühlschrank, den Johannes von Brigitte übernommen hat. Er ist reichlich gefüllt mit allem, was ein Rohköstler begehrt. Auch der von uns mitgebrachte Käsebatzen lagert dort.

Die Hütte ist umgeben von einem Wassergraben zum Schutz vor Ameisen und Skorpionen. Das spitze Dach der Kuti trägt einen Vogel aus Holz, sehr schön geschnitzt und angemalt. Diese Vögel sind auf allen Mönchskutis zu finden. Als ich Johannes nach ihrer Bedeutung frage, war er ganz überrascht. Nach seiner Meinung sind das gar keine Vögel, sondern einfach schwungartige Bögen, die auch keine Bedeutung haben, anders als die mythologischen Schlangen, die ich nun wieder für schwungartige Verzierungen hielt.

Johannes hat gerade Besuch von einer Schildkröte aus dem nahen Teich und von 3 kleinen Katzen. An seiner Kuti hat er einige Bilder angebracht. Neben Lunag Poo hängt dort ein Bild von seinen Großeltern, aufgenommen beim letzten gemeinsamen Ausflug zum Reiterhof im Fläming. Ich denke daran, daß Johannes' Omi sich bestimmt darüber freuen würde. Zu dem großen Familienfoto, was sich Johannes für Thailand wünschte, ist es durch Opis Tod nicht mehr gekommen. Ich nehme mir aber vor, recht bald ein Foto machen zu lassen, auf dem Bernd, meine Mutti, David, Johannes und ich drauf sind. Johannes Besuch in Deutschland wird dafür eine gute Gelegenheit sein. Wir wollen uns noch weiter umschauen und beginnen unseren Rundgang. Als wir an Leifs Kuti vorbeikommen, lernen wir auch seine 3 Katzen Balthasar, Muh (weil schwarz-weiß gefleckt) und Mäh, weil schwarz wie ein Bergzicklein) kennen. Diese Katzen werden von Leif regelmäßig gefüttert. Sie danken es ihm durch Schnurren und Anhänglichkeit.

Unser Rundgang führt uns zum Bot, ein großer hoher Tempel, der auch über die Baumwipfel zu sehen ist. In diesem Tempel werden Mönche ordiniert. Daß er offenbar selten genutzt wird, zeigt eine dicke Schicht von Taubendreck auf den Stufen, der aber, wie Johannes versichert, restlos vor einem solchen Ereignis beseitigt wird. Für Gruppenmeditationen oder Chantings (sehr melodische Sprechgesänge) gibt es weitere Tempel, z.B. den Glassaal, (Sala Gäo), vor dem auch die Essenausgabe stattfindet. Dann gibt es da noch den kleinen Tempel, der zuerst da war, als Luang Poo vor mehr als 40 Jahren begann, hier an diesem Ort sein Kloster aufzubauen.

Gegenüber dem Sala Gäo ist auch der kleine Laden mit Freiluftausschank. Hier gibt es alles an Dingen des persönlichen Bedarfs, vom Mineralwasser über Zahnpasta, Feuerzeuge, Joghurt und auch Süßwaren. Auch Mönche können hier einkaufen, ohne freilich Geld in die Hand nehmen zu müssen, was ihnen streng verboten ist.

Sie lassen einfach anschreiben und der Betrag wird ihnen von ihrem Konto abgezogen. Auch Johannes hat so ein Guthabenkonto im Tempel; Brigitte verwaltet es für ihn. Wir beenden unseren Rundgang mit einem Weg, der uns außerhalb der Tempeltore am Krematorium vorbei führt. Wir begegnen einem Mönch und schon fast automatisch entbieten wir ihm den "Wai". Ein bißchen fühlen wir uns in diesem Moment wie Rekruten auf einem Kasernengelände, auf dem überraschend ein hoher Offizier auftaucht und die Hand des Soldaten zum Gruß ans Käppi saust Die langsam untergehende Sonne signalisiert uns auch schon den "Zapfenstreich". Nach 18.00 Uhr soll man nicht mehr draußen herumspazieren. Das würde ohnehin keinen Spaß machen; denn es wird dann bald dunkel und die Mücken kommen aus ihren Verstecken.

So verabschiede ich mich von Bernd und Johannes, ohne Umarmung natürlich; und wir kehren jeder in unseren Teil des Klosters zurück. Als ich allein in meiner Kuti bin, überfällt mich ein wenig Traurigkeit. Es ist schwer für eine Mutter zu begreifen, daß sie, obwohl sie ihr Kind seit fast einem Jahr nicht gesehen hat, es nicht einmal zum Gutenachtsagen umarmen darf, nur weil es der Buddhismus verbietet.
(Fortsetzung Reisebericht Teil 2)